Gegenständliche Wahrnehmung (Pramana) basiert auf dem was vor den Sinnen erscheint
(Pratyaksha), was aus dem Intellekt entsteht (Anumana) und auf der Überlieferung (Agama).
Fantasie (Viparyaya) basiert auf falschem Wissen (mithya jnana), das auf einer
falschen Vorstellung (atadrupa) beruht (pratishtham).
Mentale Konstruktion (Vikalpa) basiert (anupati) auf Wort-Wissen (Shabda Jnana), ohne
Bezug (shunya) zu einem realen Objekt (Vastu).
Dösen (Nidra) ist die Abwesenheit (abhava) aller Eindrücke (Pratyaya), basierend
(alambana) auf einer trägen Trübung (tamo vritti).
Erinnerung (Smriti) entsteht aus der Vergangenheit (anubhuta), wenn die Erfahrung
(vishaya) noch nicht verblasst ist (asampramosha).
In der Balance aus Beharrlichkeit (Abhyasa) und Gelassenheit (Vairagya) wird der
Zustand des Yoga erreicht. ||12||
Beharrlichkeit bedeutet, standhaft bei seiner Praxis zu bleiben.
Ohne Zweifel stellt sich Erfolg ein, wenn eine gut fundierte Praxis über lange Zeit,
ohne Unterbrechung, mit Ernsthaftigkeit und Bedacht geübt wird.
Gelassenheit ist das Resultat eines Gleichgewichts im Bewusstsein, wenn das Verlangen
nach allen Dingen, die man sieht oder von denen man gehört hat, erloschen ist.
Die höchste Stufe der Gelassenheit entsteht aus der Erfahrung des wahren Selbst, dann
verlieren selbst die Grundeigenschaften der Natur ihre Macht.
Diese vollkommene Erkenntnis entsteht schrittweise aus Ahnung, Erfahrung, Freude und
schließlich Einheitswahrnehmung.
Wenn jegliche Wahrnehmung erlischt und nur nicht-manifeste Prägungen verbleiben,
entsteht der andere Zustand der Erkenntnis. Dieser basiert auf beharrlicher Praxis.
Zur wahren Erkenntnis kommen manche von Geburt aus, andere durch einen begnadeten
Körper, wieder andere durch Naturverbundenheit.
Für wieder andere geht Glaube (Shraddha), Wille (Virya), Erinnerung (Smriti),
objektive Betrachtung (Samadhi) und Weisheit (Prajna) voraus.
Durch intensive Praxis kommt dann das Ziel nahe.
Mild, maßvoll oder mächtig kann diese Praxis sein.
Auch durch Hingabe an ein ideal gedachtes Wesen (Ishvara) kann das Ziel erreicht
werden.
Ishvara ist ein besonderes Wesen, das unberührt ist von den Hindernissen des
spirituellen Aspiranten (Klesha), den bedingten Handlungen und Folgen (Karma) oder Erinnerungen und Wünschen.
Ishvara ist unübertroffen und der Ursprung von allem Wissen.
Ishvara ist Jener und Dieser, sogar der Lehrer der Ersten, er ist unberührt von der
Zeit.
OM ist ein Symbol für Ishvara.
Wiederholung (Japa) von OM mit diesem Sinn führt zur spirituellen Ausrichtung
(Bhavana).
Durch diese Praxis offenbart sich das unveränderliche Selbst und alle Hindernisse
(Antaraya) lösen sich auf.
Diese Hindernisse (Antaraya) sind: körperliche Einschränkung (Vyadhi), Stumpfsinn
(Styana), Zweifel (Samshaya), Arroganz (Pramada), Faulheit (Alasya), Abgelenktheit (Avirati), Fanatismus (Bhrantidarshana), fehlende Zielstrebigkeit (Alabdabhumikatva), Unbeständigkeit
(Anavastitatvani). Sie trüben (Vikshepa) das wandelbare Wesen des Menschen (Chitta).
Leid, Depression, Nervosität, unruhige Atmung, sind Symptome dieser
Trübung.
Mit dem Zweck diese zu vermindern, reicht die Praxis (abhyasa) einer einzigen
Wahrheit.
Das wandelbare Wesen des Menschen (Chitta) wird harmonisiert (Prasadana) durch die
Kultivierung von Empathie (Maitri), Hilfsbereitschaft (Karuna), positive Bestätigung (Mudita) und Fehlerfreundlichkeit (Upeksha) in Situationen von Glück (Sukha), Leid (Duhka), Erfolg (Punya) oder
Misserfolg (Apunya).
Das Ziel kann auch durch Atemübungen mit Ausatmen und Anhalten erreicht
werden.
Oder durch Kontemplation über Objekte und Eindrücke, was eine Stabilität und Bündelung des Geistes bewirkt.
(35)
Oder durch Kontemplation auf das innere Licht, das frei von Leiden ist. (36)
Oder wenn das Wandelbare des Menschen (Chitta) nicht mehr die Gier zum Objekt hat. (37)
Oder durch Wissen, das aus einem Traum im Schlaf entsteht. (38)
Oder durch Versenkung (Dhyana) auf Liebe. (39)
Die Meisterschaft eines Menschen, der dieses Ziel erreicht hat, umfasst
alles vom kleinsten Atom bis zum großen Universum.
Sind die Vorurteile (Vritti) minimiert, ist das wandelbare Wesen des
Menschen (Chitta) klar wie ein Diamant. Dann ist das Wahrnehmende, die Wahrnehmung, das Wahrgenommene miteinander verschmolzen. - Eines steht auf dem anderen, eines färbt das andere. Dies ist die
Erleuchtung (Samapatti).
Dieser Zustand mit beigemengtem Wort- und Objekt-Wissen oder Imagination
ist Savitarka-Samapatti.
Wenn alle Vorprägung (Smriti) gereinigt, die eigene Natur klar ist, dann
leuchtet nur das betrachtete Objekt selbst. Dies ist Nirvitarka-Samapatti.
Handelt es sich bei dem betrachteten Objekt um etwas subtiles, so heißen
diese beiden beschriebenen Zustände Savichara- und Nirvichara-Samapatti.
Ein Objekt kann bis zum Undefinierbaren subtil sein.
All diese Bewusstseinszustände heißen Sabija-Samadhi.
Wenn Nirvichara-Samapatti, der Klarste der vier genannten Zustände,
regelmäßig erfahren wird, dann steht die Erfahrung des Absoluten in Klarheit direkt vor einem. Dann wird das Bewusstsein von Wahrheit erfüllt.
Das Bewusstsein ist von einer besonderen Beziehung zum Objekt geprägt.
Diese geht über gehörtes und gefolgertes Wissen hinaus.
Aus dieser Erfahrung entsteht eine Prägung (Samskara), die andere
Prägungen (Samskara) ersetzt.
Wenn sogar diese Prägungen zur Ruhe gekommen sind, wenn alles zur Ruhe
gekommen ist, dann ist Nirbiija-Samadhi erreicht.